Bürgergeld und Grundsicherung: Auch im Eilverfahren kann ein höherer Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung geltend gemacht werden
Höherer Anspruch auf Miete und Heizung
Wie das Sozialgericht Stralsund (Beschluss vom 09.09.2025, S 5 SO 58/25 ER) in einer kürzlich bekannt gewordenen Entscheidung klarstellte, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch im Eilverfahren ein höherer Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung geltend gemacht werden.
Das gilt jedenfalls immer dann, wenn kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft vorliegt.
Wenn die bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung unter dem realistisch ermittelten Angemessenheitswert liegen, kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG ein Anordnungsanspruch auf höhere Unterkunftskosten glaubhaft gemacht werden, so das Gericht.
Fehlt schlüssiges Konzept gelten Werte der Wohngeldtabelle
Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft auf die Werte der Wohngeldtabelle in Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen.
Der Tabellenwert ist um die Klimakomponente des § 12 Abs. 7 WoGG zu erhöhen und diese Summe anschließend mit einem pauschalen Sicherheitszuschlag von 10 % zu versehen.
Der so ermittelte Betrag ist sowohl im SGB XII als auch SGB II als Angemessenheitsgrenze zugrunde zu legen.
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Bescheid prüfenGericht muss prüfen, ob schlüssiges Konzept vorliegt
Da die Anwendung der Tabellenwerte nur das letzte Mittel darstellt, muss das Gericht zuvor prüfen, ob ein schlüssiges Konzept vorliegt, oder ob ersatzweise aktuelle Wohnungsmarktdaten, die der Leistungsträger vorzulegen hat, die Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze ermöglichen.
Nur wenn kein schlüssiges Konzept vorliegt, oder dieses wegen inhaltlicher Mängel nicht anzuwenden ist, und der Leistungsträger, also dem Jobcenter auch keine aktuellen Wohnungsmarktdaten vorlegen kann, wird – wie beschrieben – auf die Tabellenwerte des WoGG zurückgegriffen.
Der Beschluss des SG Stralsund erging zwar zum SGB XII, ist aber analog auf das SGB II anwendbar, da dort die gleichen rechtlichen Grundlagen gelten.
Ähnlich hatten zuvor auch das SG Oldenburg (S 37 AS 506/23, Urteil vom 20.06.2024) und das LSG Berlin-Brandenburg (L 32 AS 1179/23 B ER, Beschluss) zum SGB II entschieden.